05.02.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: arbeitszeugnis-forum.de GbR.
Dabei wird in vielen Fällen darum gestritten, welche Bedeutung einzelne beurteilende Aussagen haben und ob sie versteckte Kritik enthalten. Auch die vielfachen Versuche, die Zeugnissprache zu normieren, haben an diesem Problem nichts geändert. Denn die von Fachautoren veröffentlichten Tabellen zur „Entschlüsselung von Codes“ und zur Benotung von Formulierungen beruhen teils auf unterschiedlichen Gerichtsurteilen und Expertenmeinungen, so dass sie mitunter voneinander abweichen. Zudem ist die Verwendung solcher benoteter Textbausteine laut Bundesarbeitsgericht nicht verpflichtend (BAG 14.10.2003 – 9 AZR 12/03).
Die andauernden Konflikte um die Bedeutung von Zeugnisformulierungen haben mit dazu geführt, dass das Arbeitszeugnis überwiegend als Ärgernis wahrgenommen und immer wieder seine Abschaffung gefordert wird. Diese Forderung ignoriert aber, dass die Ausstellung von Zeugnissen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber – also für die Wirtschaft insgesamt – auch Vorteile hat:
Dass diese Vorteile bedeutend sind, zeigt z.B. ein Blick in die USA: Dort haben Arbeitnehmer keinen Zeugnisanspruch, und Arbeitgeber verweigern häufig die freiwillige Ausstellung einer Beurteilung (Letter of Reference). Folglich stellen sich manche Bewerber ausschließlich mit selbst erstellten Unterlagen vor, was den Unternehmen hohe Kosten für Background Checks und Assessment Center verursacht. Aus diesem Grund versuchen Gesetzgeber der US-Bundesstaaten seit den 1990er Jahren, Firmen zur Ausstellung von Letters of Reference zu motivieren, indem sie diese vor unberechtigten Klagen schützen (Qualified Privilege). Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Arbeitnehmerbeurteilung forderten 2009 die Rechtswissenschaftler Matthew Finkin und Kenneth Dau-Schmidt Dau (Indiana University), mit Blick auf die Praxis in Deutschland, eine noch weitgehendere Förderung der Ausstellung von Letters of Reference.
Zurück nach Deutschland: hier haben diverse Gerichtsurteile der letzten Jahre eine individuelle und stellenspezifische (BAG 12.08.2008 – 9 AZR 632/0) sowie persönlich wertschätzende (LAG Düsseldorf 03.11.2010 - 12 Sa 974/10) Zeugnisformulierung angemahnt. Für Personalverantwortliche stellt sich damit mehr denn je die Frage, wie man die rechtlichen Forderungen erfüllen, unnötigen Streit vermeiden und das Arbeitszeugnis als Beurteilungs- und Auswahlinstrument wirtschaftlich sinnvoll nutzen kann.
Die Praxis zeigt, dass die Probleme im Umgang mit Arbeitszeugnissen zumeist sprachlicher Natur sind: neben intransparenten Beurteilungsprozessen führen vor allem mangelnde Individualität und Aussagekraft von Zeugnissen sowie Fragen der „Benotung“ zu Streit. Es empfiehlt sich also ERSTENS eine transparente Zeugniserstellung im Dialog, ZWEITENS eine individuelle und stellenspezifische Beurteilung und DRITTENS ein gründlich durchdachter Einsatz von Textbausteinen und “Benotungen”.
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